Land. Schöpft. Wert. - Starke ländliche Regionen
Am 24. und 25. Januar 2024, fand das 17. Zukunftsforum als hybrid Veranstaltung im CityCube in Berlin statt. Mit der größten nationalen Plattform für ländliche Räume bietet das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) den Akteurinnen und Akteuren der Ländlichen Entwicklung eine zentrale Bühne für Vernetzung, Wissenstransfer, Diskussion und Austausch zu praktischen Lösungen.
Unter dem diesjährigen Motto "LAND.SCHÖPFT.WERT – Starke ländliche Regionen" wurde diskutiert, wie regionale Wertschöpfung generiert werden kann – etwa durch die Erzeugung lokaler Produkte darunter Lebensmittel, aber auch Energie, durch das Angebot von Dienstleistungen vor Ort, die Förderung von lokalem Unternehmertum, die Zusammenarbeit zwischen lokalen Unternehmen und Institutionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen in der Region.
Über 1800 Teilnehmende haben dazu in 28 Fachforen über die Ländlichen Räume und Wertschöpfung diskutiert.
Zur Begrüßungsveranstaltung sprachen Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Wirtschaftsminister Robert Habeck.
Bundesminister Cem Özdemir betonte: "Die ländlichen Regionen sind die Kraft unseres Landes. Egal ob Energieversorgung und Mobilität der Zukunft, regionale Wirtschaftskreisläufe oder besserer Schutz vor Extremwettern – die ländlichen Räume spielen bei der Entwicklung und Umsetzung von Lösungen eine Schlüsselrolle. Viele Menschen packen hier gemeinsam an, engagieren sich ehrenamtlich und schaffen Gemeinschaft. Wenn wir die Potentiale der ländlichen Räume noch stärker fördern und heben, sind sie unsere Pioniere und Zukunftsgestalter für eine engagierte Bürgergesellschaft und einen neuen Wohlstand. Dieser fußt auf einer nachhaltigeren Art des Wirtschaftens mit kurzen Wertschöpfungsketten und einer regionalen Verarbeitung. Ich freue mich, dass das Zukunftsforum eine Plattform bietet, wo die maßgeblichen Zukunftsgestalterinnen und -gestalter, die in den ländlichen Räumen leben und dort Veränderungen gestalten, miteinander reden können."
Wirtschaftsminister Dr. Robert Habeck erklärte: "Ländliche Räume decken nicht nur etwa 90 Prozent der Fläche Deutschlands ab, sie sind auch das wirtschaftliche Fundament unseres Landes. Die Transformation hin zu Klimaneutralität, die Digitalisierung und die demografische Entwicklung stellen ländliche Räume vor große Herausforderungen, gleichzeitig finden sich dort aber auch große Potenziale und Chancen. Die Wirtschafts- und Klimaschutzpolitik hat in dieser Legislaturperiode die Weichen dafür gestellt, dass die vielfältigen Entwicklungspotenziale in ländlichen Räumen besser genutzt und damit auch die Lebens- und Wirtschaftsbedingungen verbessert werden. Ein Beispiel ist die umfassende Reform der Gemeinschaftsaufgabe „Verbesserung der regionalen Wirtschaftsstruktur“ (GRW) – dem wichtigsten regionalpolitischen Instrument Deutschlands. Damit können wir Transformationsprozesse in strukturschwachen ländlichen Regionen künftig noch besser flankieren." Besonders hat uns gefreut, dass Wirtschaftsminister Robert Habeck in seiner Rede das Dörpsmobil SH erwähnt und dieses Modell des E-Carsharings als vorbildliches und übertragbares Projekt vorgestellt und empfohlen hat. Neben dem verbesserten Angebot der Mobilität in den ländlichen Räumen bekräftigte Robert Habeck auch, dass das Projekt zu einer guten und Teilhabe orientierten Dorfgemeinschaft beiträgt.
Die ALR SH ist Teil der Arbeitsgemeinschaft der Akademien für ländliche Räume in den deutschsprachigen Ländern (Arge LR), welche als Netzwerk aller Akademien jeglicher Form fungiert. Die Arge hat auch dieses Jahr unter dem Titel "Räumliche Gerechtigkeit durch regionale Wertschöpfung" ein Fachforum (Fachforum 18) gestaltet. Das Fachforum setzte sich zusammen aus 4 Vorträgen. Zwei der Vorträge wurden von Referent*innen aus dem Bereich der Wissenschaft gehalten, die anderen zwei Vortragenden stellten Praxisbeispiele vor. Wie bereits der Titel der Veranstaltung verrät, beschäftigten sich alle Themen im weitesten Sinne mit dem Thema der räumlichen Gerechtigkeit.
Den ersten Vortrag hielt Frau Prof. Dr. Petra Hutner von der Hochschule für Wirtschaft und Umwelt Nürtingen-Geislingen, die dort die Professur für Ressourcenmanagement inne hat. Sie stellte in ihrem Kurzvortrag das Konzept der räumlichen Gerechtigkeit vor, „welche die wesentliche Voraussetzung für eine zukunftsfähige Entwicklung der ländlichen Räume darstellt“ (Prof. Dr. Petra Hutner). Das Konzept erklärt die räumliche Gerechtigkeit anhand von vier Dimensionen: Die Verteilungsgerechtigkeit, wie den Zugang zu grundlegenden Bedürfnissen, wie Infrastruktur, Daseinsvorsorge oder Einkommen. Die Verfahrensgerechtigkeit, also die Gleichheit vor dem Gesetz und die Partizipation an Prozessen; die Chancengleichheit, wie Selbstverwirklichung, individuelle Lebensziele, Kultur und Bildung und als letzte Dimension die Generationengerechtigkeit, also die Zukunftsfähigkeit. Als Beispiele stellte sie Bereiche der Wertschöpfung in den ländlichen Räumen vor, in denen alle vier Dimensionen der Räumlichen Gerechtigkeit sichtbar werden: die Energiewende bietet einen großen Mehrwert für ländliche Räume, da hier ausreichend Fläche zur Umsetzung vorhanden ist. In der Umsetzung können alle vier Dimensionen der räumlichen Gerechtigkeit ohne Einschränkungen angewendet werden. Weitere Beispiele waren die der Bioökonomie, mit besonderem Fokus auf das Bauen mit nachwachsenden Rohstoffen, die Dorfläden als Dienstleistung und Infrastruktur für ländliche Räume und im Allgemeinen das gesamte Ökosystem, das durch die Bereitstellung von natürlichen Ressourcen seinen Mehrwert beiträgt.
Den zweiten Vortrag „Die Einbindung ländlicher Regionen in die Wertschöpfungskette“, hielt Dr. Andreas Koch vom Institut für angewandte Wirtschaftsforschung e. V. an der Universität Tübingen. Er stellte in seinem Vortrag eine von ihm begleitete Studie vor, die sich mit den Wertschöpfungsketten und den unterschiedlichsten Regionen und den regionalen Abstufungen der ländlichen Räume beschäftigt. Grundlegend stellte er fest, dass die ländlichen Räume eine schlechte Ausgangssituation inne haben. Die wirtschaftliche Entwicklung sei von ungünstigen Dynamiken beeinflusst, der Strukturwandel träfe die ländlichen Räume schwerwiegender als die Städte und das, obwohl die ländlichen Regionen in den letzten Jahren sehr viel stärker wüchsen als die Städte. Ein Ergebnis seiner Studie ist eine multi-regionale Input-Output Tabelle welche zusammenfasst, welche Güter und Leistungen in einem bestimmten Jahr aus welchem Sektor und welcher Region in einen bestimmten Sektor einer anderen Region geliefert werden. Die Daten liegen vor für alle Kreise, alle Bundesländer, alle Länder und den „Rest der Welt“, wobei sich die Daten aus einer komplexen Quellenlage ergeben.
Als praktisches Beispiel stellte Marie Läser im Anschluss ihr LEADER gefördertes Projekt „Café Schauwerk“ vor. Die 100 jährige Familienbäckerei ist in ein neues Gebäude gezogen, das zuvor erworben und grundsaniert wurde. Sie bietet neben dem Verkauf von Backwaren, einem Café, einer Eisdiele und Übernachtungsmöglichkeiten auch Einblicke in das Handwerk (Schauwerk) an. Der zuständige Regionalmanager Michael Franke ergänzte den Bericht mit der Entwicklungsgeschichte der Projektförderung aus Sicht der AktivRegion und betonte die herausragend regionale Bedeutung des Projekts. Als zweites Praxisbeispiel stellte Michael Diestel vom bayrischen Bauernverband sein Projekt „Agrokraft“ vor. Ziel der GmbH ist es, „den ländlichen Raum mit Gemeinschaftsunternehmen, ganzheitlich zu entwickeln“. Agrokraft sieht in Bürgerenergie- und Kommunalprojekten die größte regionale Wertschöpfung und unterstützt und berät Gemeinden in der Umsetzung und Planung dieser. Sein Motto lautet: „Land kann alles - das WIR macht‘s besser“.
Kerstin Weis von der Akademie für die ländlichen Räume in Hessen und zugleich aktuelle Vorsitzende der Arge Ländlicher Raum beendete das Fachforum mit den Worten „Gemeinsam arbeiten wir auch zukünftig an der Generationengerechtigkeit, als Antrieb für die ländlichen Räume“.
Wir bedanken uns ganz herzlich, dass wir auch in diesem Jahr wieder beim Zukunftsforum dabei sein durften, für die tolle Planung, die spannenden Inhalte und tollen Diskussionen und freuen uns schon auf das 18. Zukunftsforum 2025 - wir sind bestimmt wieder dabei.
Den Bericht über das Fachforum der Arge von der ALR aus Baden-Württemberg finden sie hier.
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