Zur Navigation springen Zum Inhalt springen

Das Zukunftsforum Ländliche Entwicklung 2025, organisiert vom Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL), hat sich erneut als Plattform für Austausch, Diskussion und Wissenstransfer erwiesen. Unter dem Titel „Land. Kann. Vielfalt.“ standen die Themen Teilhabe, Demokratie und Zusammenhalt in ländlichen Regionen im Mittelpunkt. Besondere Aufmerksamkeit galt dabei der Frage, wie das Engagement von Frauen und Jugendlichen im ländlichen Raum gefördert werden kann.

Mit über 1.000 Teilnehmer*innen war das Zukunftsforum ausgebucht und bot neben einer hochrangigen Eröffnung mit Bundesminister Cem Özdemir und Bundesfamilienministerin Lisa Paus auch ein vielfältiges Programm mit 30 Fachforen. Beide Minister hoben in ihren Ansprachen die zentrale Bedeutung der ländlichen Räume für die Demokratie hervor und unterstrichen die Notwendigkeit, alle Bevölkerungsgruppen aktiv in die Gestaltung einzubinden.

Fachforum 2: Jugendbeteiligung wirksamer gestalten

Besonders hervorzuheben ist das Fachforum 2 mit dem Titel „Von der Dorf- bis zur Landesebene: Jugendbeteiligung wirksamer machen“. Organisiert von der Arge Ländlicher Raum, dem Zusammenschluss aller Akademien für die ländlichen Räume in Deutschland, bot das Forum konkrete Einblicke in erfolgreiche Ansätze zur Jugendbeteiligung auf Landes-, Kreis- und Kommunalebene. Die Moderation übernahmen Kerstin Weiß (Sprecherin der Arge, Akademie für die ländlichen Räume Hessen) und Dagmar Grob (Zentrum für ländliche Entwicklung NRW).

Stefanie Wichmann von der Jugendstiftung Baden-Württemberg stellte die Ergebnisse einer umfassenden Studie vor, die 2022 im Auftrag des Ministeriums für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz Baden-Württemberg durchgeführt wurde. Die Studie zeigt, dass 30 % der Jugendlichen bereits engagiert sind und 70 % Interesse an politischer Teilhabe haben. Diese Erkenntnisse mündeten in die Entwicklung eines „Aktionsbaukastens“, der praktikable Maßnahmen zur Jugendbeteiligung enthält und durch Informationsveranstaltungen speziell im ländlichen Raum ergänzt wird.

Ein weiteres Beispiel präsentierte Kai Siebert aus dem Werra-Meißner-Kreis mit dem „Masterplan Jugend“. In einem zweijährigen Beteiligungsprozess unter Einbindung zahlreicher Jugendlicher wurden Maßnahmen entwickelt, um die Region jugendfreundlicher zu gestalten. Dabei erwiesen sich besonders niedrigschwellige Formate als erfolgreich, die kein langfristiges Engagement erfordern und Jugendliche gezielt in ihren sozialen Gruppen ansprechen.

Die Akademie für die Ländlichen Räume Schleswig-Holstein e. V. (ALR) brachte ihre Expertise durch die Vorstellung des Kinder- und Jugendparlaments Neustadt in Holstein und dem Kinder und Jugend Netzwerk Neustadt in Holstein e.V. ein. Mano Salokat und Danny Seidel berichteten, wie dieses langjährige Projekt Jugendlichen nicht nur eine Stimme, sondern auch konkrete Mitgestaltungsmöglichkeiten bietet. Das Parlament, organisiert in einem breiten Bündnis von Akteuren, wird alle zwei Jahre gewählt, erhält Sitzungsgelder und wird von der örtlichen Kommunalpolitik als ernstzunehmender Partner anerkannt.

Diskussion: Impulse für die Zukunft

Die anschließende Podiumsdiskussion lieferte wertvolle Impulse, wie Jugendbeteiligung auf allen Ebenen gestärkt werden kann. Besonders intensiv wurde die Frage diskutiert, wie Kinder und Jugendliche besser erreicht werden können. Schulen spielen dabei eine zentrale Rolle als Zugangskanal, doch allein auf schulische Angebote zu setzen, greift zu kurz. Alternative Kanäle, wie Freizeitangebote, Vereine oder Veranstaltungen, sind unverzichtbar, um auch jene Jugendlichen anzusprechen, die außerhalb schulischer Strukturen aktiv werden möchten.

Ein weiterer Schwerpunkt der Diskussion lag auf der Gestaltung von Beteiligungsformaten. Es wurde deutlich, dass klassische Strukturen wie Parlamente zwar wichtig sind, aber allein nicht ausreichen. Flexiblere Formate, die Raum für kreative und spontane Beteiligung lassen, bieten größere Anreize und sprechen eine breitere Zielgruppe an.

Auch die Frage nach den richtigen Anreizen wurde kontrovers diskutiert. Es reiche nicht aus, Jugendliche einfach einzuladen. Vielmehr müssten konkrete Anreize geschaffen werden, etwa durch finanzielle Unterstützung wie Sitzungsgelder oder die Sichtbarkeit unmittelbarer Ergebnisse ihrer Arbeit. Formate sollten zudem an die Lebensrealität der Jugendlichen angepasst sein, um eine langfristige Motivation zu gewährleisten.

Abschließend wurde die Rolle des LEADER-Programms erörtert, das zwar Projekte von Jugendlichen finanziell fördern kann, jedoch bei der Einbindung in Entscheidungsgremien auf Herausforderungen stößt. Es besteht ein klarer Bedarf, niedrigschwellige Beteiligungswege zu schaffen, die Kindern und Jugendlichen die Möglichkeit geben, ihre Ideen direkt umzusetzen.

Das Fachforum zeigte eindrucksvoll, dass Jugendbeteiligung in ländlichen Räumen möglich und notwendig ist, wenn Strukturen, Formate und Zugänge an die Bedürfnisse junger Menschen angepasst werden. Besonders wurde deutlich, wie Kinder- und Jugendbeteiligung auf den drei verschiedenen Ebenen – Landes-, Kreis- und Kommunalebene – konkret aussehen kann und wie Kinder und Jugendliche aktiv in Prozesse mit einbezogen werden können und eigentlich auch einbezogen werden müssen.

Denn die Beteiligung von Kindern und Jugendlichen ist nicht nur eine gesellschaftliche Notwendigkeit, sondern auch eine völkerrechtliche Verpflichtung: Artikel 12 der 1990 in Kraft getretenen UN-Kinderrechtskonvention, die bisher von 196 Staaten – darunter auch Deutschland – ratifiziert wurde, verpflichtet die Unterzeichnerstaaten dazu, den Grundsatz der Partizipation umzusetzen.

Das Fachforum unterstrich damit die Bedeutung, Kinder und Jugendliche als gleichberechtigte Akteure wahrzunehmen und ihnen Freiräume für Kreativität und Eigeninitiative zu geben.